30. Oktober 2015 Interview, Beutlhauser-Gruppe
Interview: Mehr und mehr Prozessvernetzung in den Baustellen von morgen
Beutlhauser: Welche Chancen sehen Sie beim Ausbau der Marktposition im Rheinland aufgrund der Übernahme von Gebrüder Frank durch die Beutlhauser-Gruppe und mit Liebherr als Partner?
Joachim Strobel: Gebrüder Frank war ein langjähriger Partner von Liebherr der das Gebiet über mehrere Jahrzehnte sehr gut betreut hat. Leider wurde es für die Verantwortlichen bei Frank aufgrund der nicht optimalen Besitz- und Nachfolgeverhältnisse in den letzten Jahren immer schwieriger die notwendigen Investitionen im Unternehmen durchzusetzen. Darunter leidet natürlich über kurz oder lang die professionelle Marktbearbeitung, die Kundenzufriedenheit und somit letztlich auch der Markterfolg. Das heißt konkret, wir lassen Potentiale im Markt liegen. Für uns sind bei so einem Übergang zwei Schwerpunkte von großer Bedeutung. Erstens eine stabile Weiterführung der Kundenbeziehung auf der Basis des bestehenden Teams. Zweitens Zukunftsausrichtung des Unternehmens auf eine intensivere Marktbearbeitung mit dem Ziel verlorene Potentiale zurückzugewinnen und auch bisher ungenutzte Potentiale zu heben.
Beutlhauser: Wie bewerten Sie die Übernahme? Inwieweit war Liebherr in die Verhandlungen involviert?
Joachim Strobel: In Anbetracht der eben genannten Schwerpunkte sehen wir die Übernahme durch Beutlhauser als eine geradezu optimale Lösung. Liebherr und Beutlhauser arbeiten schon quasi seit den Anfängen als Partner zusammen. Man kennt sich und muss damit keine Überraschungen oder gar unkalkulierbare Risiken fürchten. Man kann hier auch von einer echten Win/Win Situation sprechen. Liebherr kann seinen Kunden die von uns erwartete Kontinuität und Stabilität im Gebiet garantieren und für Beutlhauser bietet sich dadurch die Möglichkeit im so wichtigen deutschen Markt weiter zu wachsen. Unser Teil der Verhandlung war sehr passiv. Wir wurden von den beiden Partnern auf die Idee angesprochen und um unsere Meinung gefragt. Unsere Antwort war klar. Wir waren von Anfang an davon überzeugt, dass dies für alle – aber vor allem unsere Kunden – eine sehr gute Lösung sein wird. Diese Zustimmung unsererseits hat sich dann sicherlich auch positiv auf die Verhandlungen zwischen den Eigentümern von Gebrüder Frank und Beutlhauser ausgewirkt, sodass sie dann letztlich erfolgreich zum Abschluss geführt werden konnten.
Beutlhauser: Was schätzen Sie an der Zusammenarbeit mit Beutlhauser?
Joachim Strobel: Wir tun uns immer leicht mit Partnern, die mit den gleichen Werten und der gleichen „Denke“ ausgestattet sind, wie unser eigenes Unternehmen. Beutlhauser ist wie Liebherr ein 100%iges Familienunternehmen. Klare Besitzverhältnisse ermöglichen klare Strukturen und Entscheidungen. Außerdem ist eine Geschäftspartnerschaft zwischen Familienunternehmen von sehr hohen moralischen Werten geprägt. Die gemeinsamen Handlungen sind immer auf fairen und offenen Umgang miteinander ausgerichtet. Der Kunde steht im Mittelpunkt und erfährt uns dadurch als eine Organisation, die sich professionell und durchgängig (vom Händler bis zum Hersteller) um seine Bedürfnisse kümmert. Das trifft im Übrigen auch für unser gesamtes Händlernetz in Deutschland zu – wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir nur als Einheit funktionieren, wenn gleiche Werte vertreten werden.
Beutlhauser: Wie wird die Lage in der Baubranche im Jahr 2016? Wo sehen Sie Potenzial für die Zukunft?
Joachim Strobel: Wir sehen die Baubranche auch in der Zukunft als eine der Schlüsselbranchen. Ein moderner Industriestandort wie Deutschland muss permanent in den Erhalt und Ausbau seiner Infrastruktur investieren. Auch Themen wie Energiewende und Industrie 4.0 sind nicht umsetzbar ohne die Leistung der Bauindustrie. Dass hier die Politik in den einzelnen Ressorts manchmal in sehr unterschiedlichen Tempi vorgeht, ist sicherlich eines der größten Hemmnisse in der Baubranche. Das Potential liegt daher – wie schon in den letzten Jahrzehnten – in der weiteren Effizienz- und Flexibilitätssteigerung. Nur derjenige, der seine Prozesse permanent entsprechend der Umweltveränderungen weiterentwickelt und beherrscht, wird im Rennen mit vorne dabei sein. Wir als Hersteller können dabei unseren Beitrag über immer leistungsfähigere aber auch energieeffiziente Baumaschinen einbringen. Die Prozesse in den modernen Baustellen von morgen werden mehr und mehr vernetzt sein um die Umsetzung von komplexen Bauprojekten hoch effizient und beherrschbar zu gestalten. Von zentraler Wichtigkeit ist und bleibt aber die Beherrschbarkeit und Zuverlässigkeit der Technik. Da wird Liebherr auch weiterhin immer wieder den Benchmark vorgeben.
Beutlhauser: Über welche Neuigkeiten möchten Sie aus der Erdbewegung berichten? Neue Produkte, Innovationen, Investitionen etc.?
Joachim Strobel: Ein Jahr vor der Bauma in München können Sie sich sicherlich vorstellen, dass wir wieder einiges im Köcher haben. Die Kunst ist dabei natürlich den Kunden permanent mit den neuesten Informationen auf Stand zu halten, aber andererseits auch auf der weltgrößten Baumaschinen-Messe mit echten Highlights zu überraschen. Wir werden natürlich bis dahin praktisch alle Maschinen mit der Abgasstufe IV präsentieren. Leider war die Abgasumstellung in den letzten Jahren das dominierende Thema in der Neuentwicklung. Wir haben das aber immer zum Anlass genommen unser gesamtes Maschinenkonzept neu auszurichten, was ja über praktisch die gesamte Produktpalette zu Energieeinsparungen von bis zu 30% bei zusätzlicher Leistungssteigerung geführt hat. Sehr große Investitionen haben wir in letzter Zeit vor allem in die weitere Entwicklung unserer Eigenkomponenten, vor allem im Bereich Motor, Einspritzsysteme und Antriebskonzepte getätigt. Aber auch die Dienstleistung um unsere Produkte herum sehen wir als extrem wichtig an. So haben wir alleine in die Errichtung eines komplett neuen Kontinentallagers zur effizienteren und schnelleren Versorgung unserer Kunden mit Ersteilen über 120 Mio. € investiert.
Beutlhauser: Worin bestehen die größten Herausforderungen für die Zukunft aus Ihrer Sicht?
Joachim Strobel: Liebherr wird im Markt als absolutes Premium-Produkt gesehen und das ist auch die Position, die wir in Zukunft weiter ausbauen möchten. Durch die Globalisierung findet derzeit eine gewisse Vermischung von High-Tec Premium und Low-Budget Billigprodukten statt, die sich auch auf industrialisierten Märkten, wie Deutschland bemerkbar macht. Die Herausforderung liegt darin unsere Kunden weiterhin davon zu überzeugen, dass der kosteneffiziente Ansatz einer Baumaschine in der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit über die gesamte Laufzeit für seine eigene Wettbewerbsfähigkeit ausschlaggebend ist. Das Stichwort Total Cost of Ownership rückt dabei immer mehr in den Focus einer Kaufentscheidung. Mit der Philosophie von Liebherr, die Kernkompetenz in den Hauptkomponenten wie Antriebsstrang, Steuerung und Drehkranz im eigenen Hause zu halten bietet uns in der Entwicklung hoch effizienter Systeme einen echten Wettbewerbsvorteil. Unser Know-How in diesen Geschäftsfeldern ist mittlerweile auf so hohem Niveau, dass wir in diesen Bereichen auch ein interessanter Partner für Dritte Anwender unserer Komponenten sind. Die Bildung von strategischen Allianzen im Bereich Komponenten oder sogar als OEM mit kompletten Maschinen trägt wesentlich dazu bei, dass wir uns mit der Eigenfertigungsstrategie weiterhin erfolgreich im Markt positionieren können.