Folge 13 – Beutlhauser während des Ersten Weltkriegs

22. AUGUST 2021 | BEUTLHAUSER-GRUPPE

Anfang des 20. Jahrhunderts liefen die Geschäfte bei Beutlhauser gut: Die Motorisierung hatte auch in der Landwirtschaft Einzug erhalten, neben Wilhelm Ritzler waren bereits weitere Angestellte und Lehrbuben in der Firma beschäftigt und das Unternehmen zog in ein größeres Haus am Stadtrand von Pfarrkirchen. Das Unternehmenswachstum schien unaufhaltsam. Doch es kam anders, der Erste Weltkrieg zog ins Land.

Im August 1914 erklärte das Deutsche Reich Russland und Frankreich den Krieg und markierte damit den Beginn des Ersten Weltkriegs. Eine Welle der Begeisterung brach über Deutschland herein – aus Pfarrkirchen zogen die Soldaten lachend und singend in den Krieg, unter ihnen auch Wilhelm Ritzler und die weiteren Angestellten der Firma Beutlhauser. Wie auch im Rest von Deutschland, gingen die Menschen im Rottal von einem schnellen Sieg innerhalb weniger Monate aus.

Ausschnitt aus Katharina Beutlhausers, Tochter von Carl und Katharina Beutlhauser, Erinnerungen: 

Am nächsten Tag [Tag nach dem Abmarsch der Truppen] ging Vater schon früh in die Stadt und kam gegen Mittag mit einer zigarrenschachtelvoll, oder war’s eine größere Schachtel heim. So, sagte er, das ist der Vorrat für den Krieg!! Zwei Hartwürste, Zigaretten mehrere Schachteln, 5 Tafeln Schokolade, 2 Päckchen Kaffee, 1 Flasche Eierlikör, 1 Flasche Cognac. Mein Gott! Der Kaiser war gerade so dumm wie mein Vater. „Wenn die Blätter von den Bäumen fallen, sind sie wieder zu Hause, die Väter und Söhne“ sagte der Kaiser. Mein Vater meinte das bißchen Zeug würde für die Dauer des Krieges reichen!!

Lediglich Geschäftsführer Carl Beutlhauser blieb in Pfarrkirchen zurück, da er kurz zuvor erkrankt war. Aufgrund einer ärztlichen Fehlbehandlung der Krankheit erlitt Carl Herzschaden und erholte sich nur sehr langsam. Erst 1917 war er gesundheitlich soweit wieder hergestellt, dass er zum Dienst in einer Fabrik verpflichtet werden konnte, die zum Kriegsbedarf Staufferbüchsen herstellte. Die Geschäfte der Firma Beutlhauser lagen während des Ersten Weltkriegs still.

Mit Kriegsbeginn stiegen die Nahrungsmittelpreise aufgrund befürchteter Nahrungsmittelengpässe und die Familie Beutlhauser beschloss sich neben Hühnern und Hasen, auch Schweine und eine Kuh anzuschaffen. Die Kuh bekam den liebevollen Namen „Kriegskuh“ und wurde bei einer befreundeten Bäuerin untergestellt – täglich bekam die Familie dadurch vier Liter Milch. Ab 1915 begann die Lebensmittelrationierung durch das Deutsche Kaiserreich.  Während sich gerade in den Städten die Ernährungskrise immer weiter verschärfte, waren die ländlichen, agrarisch geprägten Regionen deutlich weniger betroffen. Auch die Familie Beutlhauser und ihre Angestellten, sowie die weiteren Bewohner des Hauses, waren im Krieg deutlich besser versorgt als viele städtische Bürger. Diese mussten teilweise lediglich mit den durch den Staat ausgegebenen Tagesrationen auskommen, welche jedoch niemals ausreichend waren.

Als das Kriegsende absehbar und Carl Beutlhauser wieder bei Kräften war, begann er sich rasch  nach einem neuen, geeigneten Geschäft umzusehen, um die zum Stillstand gekommene Firma wieder aufzubauen. Nach langer Suche machte ihn ein Freund, Joseph Schmidseder (Vater des deutschen Komponisten und Pianisten – Ludwig Schmidseder), auf das Haus des Kommerzienrats Josef Freislederer in Passau, welches zum Verkauf stand, aufmerksam. Das Doppelhaus mit überdachtem Hof von Josef Freislederer befand sich in der Kleinen Klingergasse 10, zwischen Kleiner Klingergasse und Donaulände. 

Die Lagerräume zur Donaulände hin dienten ehemals zur Mehl- und Getreidelagerung, während sich  auf der Rückseite  Wohnungen und Büroräume befanden. So war das Gebäude ideal geeignet und bot genug Fläche für Lager- und Ausstellungsräume samt Reparaturwerkstatt für die landwirtschaftlichen Maschinen der Firma Beutlhauser. Ebenso fanden Verwaltungsräume und Wohnräume für alle Familienmitglieder darin ihren Platz – der Umzug von Pfarrkirchen nach Passau konnte beginnen.