28. April 2020 Beutlhauser-Gruppe
Beutlhauser sieht die Krise als Turbo und Chance
Beutlhauser-Geschäftsführer über positive Corona-Folgen für Unternehmen – „Wiedereinführung des Menschen“
Passau. 22 Standorte, 1150 Mitarbeiter und 440 Millionen Euro Jahresumsatz: Diese Zahlen kann die Beutlhauser-Gruppe mit Hauptsitz in Passau vorweisen. Beutlhauser ist ein marktführendes Handels- und Dienstleistungsunternehmen in den Bereichen Verkauf, Vermietung und Service von hochwertigen Investitionsgütern sowie digitalen Lösungen. Im Interview spricht Oliver Sowa, einer der drei Geschäftsführer, über die Corona-Krise und wie sie die Geschäftswelt verändern könnte.
Herr Sowa, viele Unternehmen klagen in der Corona-Krise über massiv Einbußen. Wie sehen Sie die Krise?
Oliver Sowa: Wir sehen sie nicht so negativ wie viele andere Unternehmen, sondern eher als Turbo und Chance. Zum Beispiel wird die Digitalisierung dadurch definitiv beschleunigt. Aber was ist die Digitalisierung eigentlich? Für uns ist es keine technische Revolution, sondern ein sozialer Umbruch. Alles Digitale beginnt analog und endet auch dort. Im Prinzip ist es ein Angriff auf die Mittelmäßigkeit und Mutlosigkeit von Unternehmen, im speziellen den Mittelstand.
Wie meinen Sie das?
Sowa: Im Kern geht es um die Wiedereinführung des Menschen. Natürlich braucht es technische Lösungen, das ist keine Frage. Aber es kann nicht wie früher weitergehen, dass zum Beispiel Mitarbeiter als ,Befehlsempfänger’ immer stur nach Regeln arbeiten. Wir arbeiten seit fünf Jahren an unserem Kulturwandel und haben Beutlhauser mehr oder weniger hierarchisch auf den Kopf gestellt. Wir regieren nicht mehr von oben herab. Und die Corona-Krise wird diesen Prozess aller Voraussicht nach bei anderen Unternehmen auslösen.
Sie sprechen von einer Wiedereinführung des Menschen. Werden Mitarbeiter in vielen Unternehmen nicht genug geschätzt?
Sowa: Definitiv. Bei uns war es genauso. Es ging immer hierarchisch von oben nach unten mit strikten Regeln und Vorschriften. Aber es muss andersherum sein. Damit tut sich aber gerade der Mittelstand schwer. Dadurch dreht man den Mitarbeitern quasi die Luft ab. Im Prinzip geht es darum, Rahmenbedingungen im Unternehmen zu schaffen, die De-Motivation bei Mitarbeitern vermeiden.
Was macht Sie so sicher, dass die Krise die Struktur der Unternehmen verändern wird?
Sowa: Die Leute sehen zum Beispiel, wie gut Homeoffice und eigenverantwortliches Arbeiten funktioniert. Menschen werden diese flexiblen Arbeitsbedingungen einfordern. Wir haben früher wissen wollen, wann derjenige das Arbeiten anfängt und wann er aufhört. Kontrolle eben. Heute lassen wir unsere Mitarbeiter einfach arbeiten. Wenn man aber kulturell nicht vorgearbeitet hat, dann fällt einem das in der Krise jetzt massiv auf die Füße. Unternehmen werden quasi gezwungen, in den Spiegel zu schauen und bereit für Veränderung zu sein.
Wie schlimm ist denn der wirtschaftliche Schaden für Sie?
Sowa: Wir gehen davon aus, dass es uns nicht allzu schlimm erwischt. Der Umsatz könnte dieses Jahr um 10 bis 15 Prozent zurückgehen, aber das ist natürlich ein Blick in die Glaskugel. Kurzarbeit gibt es bei uns aktuell nur ganz punktuell, aber in einer Größenordnung, die wirklich zu vernachlässigen ist.
Haben Sie dann überhaupt Regierungshilfen beantragt?
Sowa: Nein, das steht für uns derzeit nicht zur Debatte. Wir sind ein kerngesundes Unternehmen und finanziell sehr gut ausgestattet. Wir haben natürlich verschiedene Szenarien durchgespielt und unsere Liquidität geprüft. Aber Regierungshilfen sind überhaupt kein Thema.
Man hört aber auch von Unternehmen, die in den Topf greifen, obwohl sie es gar nicht nötig hätten…
Sowa: Das ist eine Frage des Anstandes. Wir könnten natürlich auch mit aller Gewalt sagen, dass wir im großen Stile Kurzarbeit einführen. Das sind dann Steuergelder. Aber das haben wir im Moment nicht nötig und nehmen es deshalb auch nicht in Anspruch. Es ist ein Unding, aufgrund der Krise zu schmarotzen und sich zu subventionieren.
Anderes Thema: In der Baubranche wird heiß diskutiert, ob man trotz Corona weiterhin arbeiten sollte. Die einen sagen, man kann auf dem Bau die Hygienevorschriften nicht einhalten. Die anderen halten dagegen, dass ein kompletter Baustopp nicht mach-bar sei…
Sowa: In Deutschland muss alles entweder schwarz oder weiß sein, das ist das Problem. Bei uns sind auch Verkäufer, Monteure und Lkw-Fahrer weiter unterwegs und im Kundenkontakt. Man kann nämlich gar nicht alles lahmlegen. Wenn wir jetzt alles stoppen würden – das könnten wir niemals wieder aufholen und der volkswirtschaftliche Schaden wäre uferlos. Man muss einen Weg finden, die Arbeiten mit Maß und Verstand weiterlaufen zu lassen. Dann braucht es eben entsprechende Rahmenbedingungen: mehr Baucontainer, Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel sowie das Einhalten der Verhaltensregeln.
In der Wirtschaft wird der Ruf nach einer Exit-Strategie von Tag zu Tag lauter. Zurecht oder ist es dafür noch zu früh?
Sowa: Man muss darüber reden und einen Plan erstellen. Die Frage ist nur: In welchem Kreis wird dieser Plan diskutiert? In Unternehmen ist es genauso: Man kann nicht immer alles gleich mit allen besprechen. Das ist dann kontraproduktiv. Was mir noch wichtig ist: Die Regierungen in Bayern und Deutschland machen wirklich einen guten Job in der Krise. Sie agieren mit Ruhe und Verstand – danach sehnen sich die Leute derzeit. Man darf nicht vorschnell Schlüsse ziehen und losballern.
Original: Passauer Neue Presse